Affenpockenausbruch in der Gruppe MSM

Anfang Mai wurden in Großbritannien erste Fälle von Affenpocken registriert. Das ungewöhnliche an diesen Fällen war, dass sich die infizierten Personen in den Tagen und Wochen zuvor nicht in den Gebieten aufgehalten hatten, wo die Krankheit normalerweise endemisch verbreitet ist. Kurze Zeit später wurden auch aus Spanien und Portugal erste Fälle gemeldet.

Kontaktnachtverfolgungen zeigten dann erste Gemeinsamkeiten bei allen beobachteten Fällen: Bei den infizierten Personen handelt es sich überwiegend um Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Viele der ersten verzeichneten Fälle dieses aktuellen Ausbruchs hatten im Mai das Darklands-Festival in Antwerpen, den Maspalomas Pride auf Gran Canaria und/oder eine Gay Sauna in Madrid besucht.

In den folgenden Wochen breitete sich das Infektionsgeschehen auf immer mehr Länder in Europa aber auch Teilen von Nordamerika aus. So sind mit Stand von Mitte Juli 2022 alleine in Europa über 8000 Fälle registriert, der Ausbruch hat damit die Anzahl der Infektionen in den afrikanischen Ländern deutlich überholt. Die Länder mit den meisten Infektionen teilen sich dabei wie folgt auf:

Hinweis zu den Zahlen: Häufig sind größere Städte Hotspots, was die Anzahl der Infektionen betrifft. Dazu zählen u.a. London und Madrid. Auf Deutschland bezogen entfällt ein Großteil der Infektionen auf Berlin. Anfang Juli wurden 66% aller Infektionen in Berlin registriert, in ganz NRW waren es gerade mal 10%. Nach dem CSD in Köln (erstes Juliwochenende) haben sich die Zahlen etwas verschoben, Berlin macht aktuell "nur" noch 52% aller Fälle in Deutschland aus, NRW hat dagegen auf 20% aufgeholt.

Die häufigsten Fragen und Antworten zu Affenpocken

An dieser Stelle haben wir die häufigsten Fragen und Antworten zu Affenpocken aufbereitet. Der Grundstock dieser FAQ ging am 6. Juni online. Neue hinzugekommene Fragen sind entsprechend mit einem Datum gekennzeichnet, ebenso die Fragen, wo der der Sachverhalt angepasst wurde, wenn es neue Erkenntnisse oder Forschungsergebnisse geben sollte. Eine weitergehende FAQ hat auch das RKI online gestellt.



Impfung gegen MPX ("Affenpocken")

Die gute Nachricht: Es gibt einen gut verträglichen Impfstoff gegen MPX ("Affenpocken"). Die schlechte Nachricht: Es ist im Moment (Juni/Juli 2022) in Deutschland nicht genug vom Impfstoff vorhanden, um gezielt und rasch allen MSM ein Impfangebot zu unterbreiten, obwohl die Impfbereitschaft in dieser Gruppe überdurchschnittlich hoch ist. So wurden im ersten Schritt durch das Bundesministerium für Gesundheit lediglich 40.000 Impfdosen bestellt. Da für einen vollständigen Impfschutz zwei Impfdosen notwendig sind, reicht die bestellte Menge gerade mal für 20.000 Personen aus. Berlin hat aus der dieser ersten Charge 8000 Impfdosen erhalten, NRW 7300 Impfdosen und Bremen gerade einmal 200 um ein paar Beispiele zu nennen. Ab der zweiten Julihälfte soll ein weiteres Kontingent von 200.000 Impfdosen eintreffen und auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden.

Hier die wichtigsten Fakten zum Impfstoff in Kurzform:

Es wird der Impfstoff "Imvanex" verabreicht. In mehreren Studien wurde sowohl die Wirksamkeit gegen Affenpocken als auch die Sicherheit des Impfstoffes überprüft. Die Impfung ist ab 18 Jahren freigegeben. Die Verabreichung des Impfstoffes erfolgt (wie bei Corona) über eine Spritze in den Oberarm. Der Impfstoff ist auch für HIV-positive Menschen (unter Behandlung) gut geeignet und verträglich. Die Kosten für die Impfung übernimmt die Krankenkasse.

Für einen vollständigen Impfschutz sind zwei Dosen im Abstand von (mindestens) 28 Tagen erforderlich. 14 Tage nach der zweiten Impfdose ist der Impfschutz vollständig. Impfdurchbrüche sind selten, können aber wie bei jeder Impfung natürlich vorkommen. Wer in der Kindheit gegen Pocken geimpft wurde, braucht nur eine Impfdosis.

Häufigste Reaktionen an der Einstichstelle (in absteigender Reihenfolge der Häufigkeit): Schmerzen an der Einstichstelle, Rötung, Schwellung und Juckreiz. Die allgemeine Impfreaktion des Körpers kann sich wie folgt äußern (in absteigender Reihenfolge der Häufigkeit): Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Übelkeit. Die Symptome dauerten im Schnitt zwischen 1 bis 6 Tage an und waren sowohl nach der ersten Impfung als auch der zweiten Impfung gleich häufig.

Kann ich jetzt direkt zum Arzt gehen und mich impfen lassen?

Leider nein! Da der Impfstoff noch nicht in ausreichender Menge vorhanden ist, hat die STIKO folgende Empfehlung veröffentlicht:

"Priorisierung: Ist der Impfstoff nur eingeschränkt verfügbar, wovon derzeit auszugehen ist, sollte die PEP prioritär exponierten Kontaktpersonen angeboten werden. Darüber hinaus sollten sowohl bei der PEP als auch bei der Indikationsimpfung Personen mit einer erhöhten Gefahr für einen schweren Verlauf (z. B. Personen mit Immundefizienz) bevorzugt geimpft werden."

Übersetzt bedeutet dass, dass in erster Linie den Personen ein Impfangebot gemacht werden soll, die (möglicherweise) Kontakt zu einer Person hatten, die mit Affenpocken infiziert ist. Diese sogenannte PEP ist bis zu 14 Tagen nach dem Risikokontakt möglich, aber je früher desto besser. Je nach erfolgtem Zeitfenster können die Symptome einer Infektion so gelindert, manchmal der Ausbruch sogar ganz verhindert werden.

Ein generelles Impfangebot an alle MSM ist wegen der Knappheit des Impfstoffes zur Anfangszeit nicht vorgesehen, hier empfiehlt die STIKO erstmal die MSM- Personen zu impfen, die u.a. ein geschwächtes Immunsystem haben. Die Vorgaben der STIKO sind aber nicht in Stein gemeißelt, gut möglich dass es in Infektions-Hotspots wie Berlin (macht zur Zeit 66% aller DE-Infektionen aus) abweichende Regelungen geben wird.

Der Impfstoff soll überwiegend in HIV-/PrEP-Ambulanzen verabreicht werden. Die kennen Ihre Patienten bereits durch die HIV-/PrEP-Betreuung alle drei Monate. Für einen möglichen Termin bzw. eine Warteliste solltest Du also im ersten Schritt dort anrufen und Dich informieren. Es sei nochmal an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass jetzt mit Start des Impfangebots noch nicht für alle MSM genügend Impfstoff vorhanden ist und man Wartezeit einkalkulieren muss. Das ist mit den gerade stattfindenden CSD-Partys und Städtetrips natürlich äußert suboptimal.

Hier eine grobe Übersicht über den aktuellen Status (Stand 16. Juli 2022):

  • In Berlin liegt der Impfstoff seit Wochen bereit, es fehlten aber noch vertragliche Formalien. Das ist jetzt endlich erledigt und somit besteht ab KW 28 in 22 HIV-/PrEP-Schwerpunktpraxen sowie auch am "Checkpoint BLN" die Möglichkeit, einen Impftermin zu bekommen. Die genaue Liste der teilnehmenden Praxen wird KW28 veröffentlicht (Pressemitteilung siehe hier).

    Update 12.07.2022: Hier die Liste der teilnehmenden HIV-/PrEP-Schwerpunktpraxen: Seite 1 | Seite 2 | Seite 3

  • In Brandenburg werden die wenigen verfügbaren Impfdosen an drei Standorten vor allem an Patienten verimpft, die ein geschwächtes Immunsystem haben oder einen kürzlichen Kontakt zu einem Infizierten hatten. Details in diesem Videobeitrag vom RBB.

  • In NRW soll seit Ende Juni die Auslieferung des Impfstoffes auf weitere Uni-Kliniken erfolgen, damit dort eine Impfung möglich sein wird. Details dazu siehe hier.

  • In Niedersachsen wurden Anfang Juli die ersten Impfungen in Hannover verabreicht, das Impfangebot wird jetzt auf die weiteren Städte ausgeweitet. Details dazu siehe hier.

  • In Bayern wurden eine Woche vor dem CSD in München die ersten Impfdosen verabreicht. Ab KW28 sollen auch die anderen Regierungsbezirke den Impfstoff erhalten und weiter verteilen. Details dazu in dieser Pressemitteilung.

  • In Hamburg können beim ICH (Infektionsmedizinisches Centrum Hamburg) Termine für die Impfung erfragt werden. Details dazu siehe Homepage.

Bildbeispiele von Affenpocken

Wir möchten an dieser Stelle mit ein paar Beispielbildern zeigen, wie sich die Pocken und Pusteln bemerkbar machen bzw. welches Aussehen sie haben. Die Bilder wurden uns u.a. von PrEP-Nutzern zur Verfügung gestellt, die sich mit dem Affenpockenvirus infiziert hatten. Die Bilder zeigen die Affenpocken in verschiedenen Intensitäten. Einige Infizierte haben nur einzelne (kleine) Pocken und bemerken kaum was, bei anderen können sich große Pocken oder Cluster bilden.

Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass es sich um sensibles Bildmaterial handelt. Die Bilder zeigen explizit die mit Affenpocken einhergehenden Hautveränderungen auch im Genitalbereich. Wer solche Bilder generell nicht verträgt oder anschauen mag, sollte vorsichtig runterscrollen. In öffentlichen Bereichen (U-Bahn, Bus, etc) sollte man darauf achten, dass andere nicht mit aufs Display schauen können. Nach den Bildern folgt kein weiterer Informationstext mehr, die Homepage ist dann zu Ende.